Heimatgemeinde des Musikverein Uhlbach
Autor: Fritz Endemann
„Das alte weinberühmte Dorf“
Ein Streifzug durch Uhlbachs Geschichte
Die älteste Nachricht von Uhlbach bezieht sich auf die Zeit um das Jahr 1240; es ging um einen Tausch von Uhlbacher Gütern zwischen dem Dominikaner-Kloster Esslingen und dem Grafen Eberhard von Württemberg.
Die Besiedlung des fruchtbaren, wasserreichen und klimatisch begünstigten Uhlbacher Talkessels war sicherlich viel älter, bestand wohl schon einige Jahrhunderte vor Christus in der Zeit der Kelten, denn in dem Grabhügel „Tannenschopf“ an der Egelseer Heide wurden keltische Ringe und kleine Figuren von Menschen und Tieren gefunden (heute im Landesmuseum Württemberg).
Wann der Weinbau, der über viele Jahrhunderte die Existenzgrundlage des Dorfes war, in Uhlbach eingeführt wurde, ist unbekannt. Dafür, dass die Römer im 2. oder 3. Jahrhundert n. Chr. die Weinrebe ins mittlere Neckartal und seine Seitentäler brachten, gibt es bisher keine Belege. So ist nach den vorhandenen Zeugnissen für das Heilbronner Neckartal davon auszugehen, dass der Weinbau erst zur Zeit der Karolinger (8. Jh.) nach Uhlbach kam.
Das Schicksal des Dorfes „in dem Uhlbach“ (so die alte Bezeichnung) war lange durch die Lage an der Grenze zwischen Württemberg bzw. dessen Vorgängerherrschaft und der Reichsstadt Esslingen bestimmt. Bis zum Beginn des 16. Jahrhunderts war sogar die Ansiedlung selbst politisch und kirchlich zwischen den beiden Herrschaftsbereichen geteilt, die Grenze war der Bach, der an der Finsterklinge entspringt und sich beim Friedhof (heute unterirdisch) mit dem von Norden kommenden Riesenbach vereinigt.
Wie andere Dörfer an der Grenze hatte Uhlbach bis ins 16. Jh. immer wieder unter den kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen Württemberg und Esslingen zu leiden. Insbesondere im sog. Städte-Krieg von 1449-1454 wurde das Dorf von Brand und Plünderung, auch durch die Zerstörung von Wein- und Obstgärten heimgesucht.
Die Uhlbacher Weingärten waren schon früh sehr begehrt. Ihre Qualität und Ergiebigkeit und die Nähe Esslingens als bedeutendes Weinhandelszentrum zogen besonders viele auswärtige Interessenten an. Zahlreiche Esslinger Bürger hatten hier Güter und Einkünfte, gleichfalls viele geistliche und weltliche Herrschaften, insbesondere Klöster und Spitäler, die in Esslingen ansässig waren oder dort Pfleghöfe unterhielten. So sind in zahlreichen Urkunden Rechtsgeschäfte über Uhlbacher Weingärten dokumentiert, während wir über das Dorf und seine Menschen kaum etwas erfahren. 1344 wurde erstmals eine Kelter, wohl am „Plan“, dem heutigen Uhlbacher Platz, erwähnt; sie gehörte der Herrschaft Württemberg.
Das kirchliche Leben – und damit die höhere Kultur – begann in Uhlbach, soweit wir wissen, mit einer Kapelle, die 1386 bezeugt ist und von der sich eine Glocke im heutigen Geläute der Andreaskirche erhalten hat. Erst 1490 bekam Uhlbach – vor allem durch die Bemühungen des Grafen Eberhard im Barte – seine Pfarrkirche. Bis dahin waren die Uhlbacher nach Cannstatt und Obertürkheim bzw. nach Esslingen eingepfarrt. Am Anfang des 16. Jh. gelang es der Herrschaft Württemberg, Uhlbach politisch und kirchlich zu vereinigen; die Grenze zu Esslingen wurde im Wesentlichen auf die heutige Linie verlegt.
Die Reformation, die Herzog Ulrich nach seiner Rückkehr 1534 einführte, wurde in Uhlbach offenbar ohne Schwierigkeiten verwirklicht. Der beim alten Glauben verharrende Pfarrer zog ab. Das Dorf, das zunächst von Obertürkheim und Esslingen versorgt wurde, hatte ab 1555 wieder einen eigenen Pfarrer.
1601 (nicht 1612) wurde das Uhlbacher Rathaus erbaut, eine steinerne Tafel neben dem Eingang nennt die für den Bau Verantwortlichen. Mit seiner Fachwerkfassade ist das Rathaus eines der schönsten in der Region.
Ende des 18. Jh. sollte ein neues Schulhaus gebaut werden. Um den Bau in der Götzenbergstraße gab es unter den Einwohnern heftige Auseinandersetzungen, deren Gründe allerdings unbekannt sind. Eine Abordnung von 70 Uhlbachern zog 1797 zum Herzog nach Hohenheim, um diesem ihren Standpunkt vorzutragen – ein für Württemberg unerhörter Vorgang. Der Herzog empfing die Uhlbacher, schickte aber Militär ins Dorf und ließ die „Rädelsführer“ verhaften und bestrafen.
Um 1880 gab es eine der größten Veränderungen im Ortsbild. Der erfolgreiche Stuttgarter Textilunternehmer Kommerzienrat Gottlieb Benger (1851-1903) hatte die Uhlbacher Weingärtnerstochter Luise Currle geheiratet und baute am Fuß des Götzenbergs eine Sommervilla in einem ausgedehnten Park. Die Bengers waren für kirchliche und soziale Vorhaben sehr aufgeschlossen und freigebig. So finanzierten sie 1894/95 zum großen Teil auch den Umbau und die Neuausstattung der Andreaskirche durch den bekannten Kirchenbaumeister Heinrich Dolmetsch.
Die stürmische Entwicklung von Industrie und Gewerbe, Bebauung und Verkehr, die das Neckartal zwischen Esslingen und Cannstatt im 19. Jh. tiefgreifend veränderte, ließ Uhlbach buchstäblich „rechts liegen“. Sie wirkte sich zunächst nur soweit aus, als immer mehr Uhlbacher ihren Arbeitsplatz außerhalb des Dorfes fanden und Weinbau und Landwirtschaft zunehmend in Nebenbetrieben fortgeführt wurden. Bis zum Ende des 19. Jh., wie schon in den Jahrhunderten zuvor, blieb freilich die Lage der meisten Uhlbacher Weingärtner prekär. Ihr Auskommen war von Witterung und Schädlingsbefall extrem abhängig, sie waren den Händlern ausgeliefert, die die Traubenmaische „unter der Kelter“ oft zu Schleuderpreisen an sich brachten.
Doch dann setzten erfolgreiche Bemühungen der Selbsthilfe ein. 1894 wurde ein Darlehnskassen-Verein gegründet, um günstigere Kredite bereitzustellen. 1901 entstand der Weingärtner-Verein, der sich die Verbesserung des Anbaus und des Absatzes zum Ziel gesetzt hatte. Schließlich kam es 1906 zur Gründung der Weingärtnergenossenschaft. 1907 wurde das alte beengte Keltergebäude mit seinen Baumkeltern durch einen großzügigen Neubau mit hydraulischen Pressen ersetzt; in ihm ist heute das Stuttgarter Weinbaumuseum untergebracht. Die Genossenschaft baute 1924-27 ihr eigenes Kelter- und Kellereigebäude in der Uhlbacherstraße und einen Erweiterungsbau 1948 an der Markgräflerstraße.
Im ersten Weltkrieg fielen 60 Uhlbacher. Ihre Namen sind auf dem von Karl Donndorf entworfenen Denkmal vor der Kirche verzeichnet.
Im Jahre 1923 wurde als Folge von Eingemeindungen nach Stuttgart (u. a. Obertürkheim) das Oberamt (= Kreis) Cannstatt, zu dem Uhlbach immer gehört hat, aufgelöst. Uhlbach kam zum Oberamt Esslingen, bei dem man sich allerdings nicht sehr wohlfühlte. Das verstärkte noch das ohnehin allenthalben vorhandene Bestreben, sich der Großstadt anzuschließen. 1930 fasste der Uhlbacher Gemeinderat den ersten dahingehenden Beschluss, aber erst im Januar 1937 kam es zu konkreten Verhandlungen mit Stuttgart. Am 1.4.1937 wurde Uhlbach Teil der Landeshauptstadt. Genau ein Jahr später bekam die Markung Uhlbach beträchtlichen Zuwachs: von Obertürkheim die Gebietsteile „Sonnenberg“ und „Züberlesholz“, von Rotenberg „Vordere Beiburg“ und „Hintere Beiburg“. Damit hatte die Uhlbacher Markung ihre heutige Größe von 404,8 ha erreicht.
Das „Dritte Reich“ trat sehr bald auch im Uhlbacher Ortsbild in Erscheinung. Am 1.Mai 1933 wurde der „Plan“ in „Adolf-Hitler-Platz“ umbenannt und eine Hitler-Eiche gepflanzt; vorher hatten ein Festzug und Festgottesdienst mit Schulklassen, Vereinen und Feuerwehr, mit Hitler-Jugend und SA-Mannschaft, stattgefunden. Von der „Volksgemeinschaft“, die hier gefeiert wurde, waren Nazi-Gegner ausgeschlossen.
Im zweiten Weltkrieg fielen 87 Uhlbacher. Ihre Namen sind auf zusätzlichen Tafeln am Denkmal zu lesen. Zweimal trafen Bomben das Dorf. Durch sie starben drei Menschen. Häuser in der Uhlbacher-, Asang-, Innbrucker- und Götzenbergstraße wurden zerstört oder beschädigt. Ein Opfer der Bomben wurde auch die Villa Benger und ein Teil der Kelter.
Nach Überwindung der unmittelbaren Nöte der Nachkriegszeit waren neue Aufgaben zu bewältigen: Vor allem Wohnungsbau, Verkehr, Schule und Rebflurbereinigung.
Neue Baugebiete entstanden „oben im Dorf“, und im Bereich Innsbrucker-/Tirolerstraße. Auch der Benger’sche Park wurde in größeren Teilen bebaut.
Dem wachsenden Verkehr trug der Ausbau der Asangstraße auf Uhlbacher Markung Rechnung. Zu einer nicht mehr tragbaren Belastung wurde der Durchgangsverkehr von den oberen Esslinger Vororten ins Neckartal. 1980 endlich wurde die Sperrung des oberen Teils der Tirolerstraße verfügt, die 1984 wirksam wurde.
1974 konnte die Uhlbacher Grundschule ihren Neubau in der Luise-Benger-Straße beziehen. Die Hauptschule für die Uhlbacher war inzwischen in Obertürkheim, später in Hedelfingen eingerichtet worden.
Von 1964 bis 1988 wurde in Uhlbach die Rebflurbereinigung durchgeführt. Das betroffene Gebiet umfasste 130 ha, rund 70 ha geschlossener Rebland wurden bereinigt. Die Straßenverbindung nach Rotenberg wurde neu angelegt.
Am Urbanstag, dem 15. Mai 1979, öffnete das Stuttgarter Weinbaumuseum in der alten Kelter seine Pforten. Es ist, auch mit seiner Schankstube für Stuttgarter Weine, ein vielbesuchter Anziehungspunkt in Uhlbach geworden.
Ungeachtet aller dieser Veränderungen in den letzten Jahrzehnten hat Uhlbach in wesentlichen Teilen sein Gesicht als lebens- und liebenswerte, dörflich geprägte Wohnstätte in einer alten Kulturlandschaft bewahrt. Dieses Erbe weiterhin zu schützen und zu erhalten, sollten sich die heutigen und zukünftigen Uhlbacher aufgerufen fühlen.
Bilder aus: „Uhlbach und seine Andreaskirche“ von Fritz Endemann und Heinrich Eich, 1990